Array-CGH in der pränatalen Diagnostik: der GenoScan44k
Wozu dient pränatale Diagnostik?

Die gegenwärtig angebotene genetische pränatale Diagnostik hat den Sinn, frühzeitig in der Schwangerschaft den Eltern und den Gynäkologen möglichst viel Informationen über den Zustand und die zu erwartende Entwicklung des Fetus zu geben. Besonders wichtig ist dies z. B. bei auffälligem Ultraschallbefund, vorangegangenen Schwangerschaften mit Chromosomenstörungen oder  bekannter genetischer Vorbelastung in der Familie. Auf Basis dieser Informationen können dann gegebenenfalls weitergehende Entscheidungen getroffen werden.

Was ist ArrrayCGH und welche Vorteile bietet sie im Vergleich mit den bekannten Techniken der pränatalen Diagnostik?

Seit vielen Jahren sind Karyotypisierung und FISH-Untersuchungen der Standard in der pränatalen Diagnostik von chromosomalen Störungen. Solche Störungen wie fehlende oder zusätzliche Chromosomenstücke können teils schwere körperliche und mentale Defekte und Entwicklungsstörungen hervorrufen. Die Chromosomenanalyse „scannt“ das gesamte genetische Material auf strukturelle Störungen, allerdings mit relativ geringer Auflösung. Mit FISH (Fluoreszenz-in-Situ-Hybridisierung) ist die Auflösung höher, aber mit jeder Untersuchung wird nur ein bestimmter, kleiner Bereich des genetischen Materials betrachtet. Die moderne Technik der Array-CGH (comparative genomic hybridization) verbindet die Vorteile beider Techniken, indem sie mit sehr hoher Auflösung alle Chromosomen auf Veränderungen in der Gendosis, also der Menge an genetischem Material, überprüfen kann. Im Prinzip bringt eine Array-CGH-Untersuchung die Information von tausenden von FISH-Tests gleichzeitig.

In Kombination mit der stets parallel durchzuführenden standardmäßigen Chromosomenanalyse bietet die Array-CGH die aktuell bestmögliche Information über den Chromosomenzustand des Fetus – normalerweise bereits bevor das Ergebnis der Chromosomenanalyse vorliegt.

Die Array-CGH wird routinemäßig in der postnatalen Diagnostik von mentaler Retardierung und Fehlbildungssyndromen national und international sehr erfolgreich eingesetzt. In vielen Studien ist die hohe diagnostische Zuverlässigkeit der Array-CGH nachgewiesen worden, in einigen Ländern ersetzt sie daher sogar die Chromosomenanalyse als erste anzuwendende Technik bei der Diagnostik der mentalen Retardierung (Mehr Informationen zur Technik der Array-CGH und deren Anwendungen in der postnatalen Diagnostik finden Sie in unserer Infoschrift „Genomweite Suche nach Mikroaberrationen: Array-CGH“, auf Anfrage erhältlich).

arrayVergößerter Ausschnitt aus einem gescannten Array, der einzelne DNA-Spots  auf der Glasoberfläche des Array-Chips zeigt
Was ist der „GenoScan44k“–Array und welchen Vorteil bietet er in der pränatalen Diagnostik?

Unser Institut hat mehrjährige Erfahrung mit postnataler ArrayCGH. Dort verwenden wir Arrays, die das gesamte Genom in relativ gleichmäßiger, hoher Auflösung untersuchen.

Bei auffälligem Ultraschallbefund oder bei aus anderen Gründen indizierten pränatalen Array-CGH-Untersuchungen kann der Einsatz von Arrays, die das gesamte Genom gleichmäßig abdecken, zu Interpretationsproblemen führen. Wenn nämlich Aberrationen in bisher nicht für Syndrome bekannten Regionen gefunden werden, ist die Beurteilung der Relevanz dieser genetischen Veränderung für die Gesundheit des ungeborenen Kindes oft schwierig. Daher ist es in solchen Situationen vorteilhaft, einen Array einzusetzen, der auf bestimmte Regionen im Genom beschränkt ist. Wir haben dafür einen „fokussierten“ Array entwickelt, der alle derzeit bekannten Mikrodeletions- und Mikroduplikationssyndrome  und die subtelomeren Bereiche der Chromosomen in hoher Auflösung von bis zu 35 kb mit etwa 40.000 DNA-Sonden abdeckt. Außerdem gibt es eine Grundabdeckung über alle Chromosomen mit einer Auflösung von 1 Mb.  Diesen speziellen Array haben wir „GenoScan44k Oligo Microarray“ genannt, da er auf dem 44k-Oligonucleotid–Format der Fa. Agilent beruht und mit deren eArray-Programm entwickelt wurde. Selbstverständlich erkennt der GenoScan44k auch das Fehlen oder die zu hohe Gendosis ganzer Chromosomen, wie die bekannten Trisomien der Chromosomen 21, 18 und 13, und Abweichungen der Geschlechtschromosomenzahl.

Namhafte Diagnostik-Zentren in den USA und UK bieten die pränatale ArrayCGH mit ähnlichen fokussierten Arrays bereist routinemäßig an. Der GenoScan44k ist bei vielen Testläufen mit DNA von Patienten mit bekannten Deletions- oder Duplikationsyndromen sowie Normalpersonen validiert worden. Dabei wurde sowohl Blut als auch pränatales fetales Probenmaterial eingesetzt. Wie schon beim Einsatz der Standard-Arrays mit kompletter Genomabdeckung im postnatalen Bereich finden wir auch beim GenoScan44k stets eine 100%ige Detektionsrate d.h. eine komplette Übereinstimmung der GenoScan-Ergebnisse mit den Ergebnissen, die durch andere Untersuchungstechniken gewonnen wurden.

In der pränatalen Diagnostik werden wir ein positives Ergebnis dennoch stets durch eine andere Technik validieren. Je nach Größe und Art der chromosomalen Veränderung wird dazu entweder das Ergebnis der Chromosomenanalyse abgewartet oder mit molekulargenetischen Methoden zur Erkennung von Gendosisveränderungen (MLPA, Q-PCR) gearbeit. Diese können gleichzeitig dazu verwendet werden, die DNA der Eltern auf das Vorhandensein der gleichen Veränderung zu testen.

dokaCGH

Ansicht der  Dokumentation eines positiven Ergebnisses mit GenoScan44k: Deletion der Region für Williams-Beuren-Syndrom  auf  der chromosomalen Region 7q11.23 (Darstellung mit DNA Analytics 4.0.76, Fa. Agilent)
Welches Probenmaterial ist für die Array-CGH erforderlich und wie lange dauert die Untersuchung?

Für die Array-CGH-Untersuchung  ist keine zusätzliche Probennahme nötig, da sie nur parallel zur normalen Chromosomenanalyse durchgeführt wird. Von dem bei der Amniocentese oder Chorionzottenbiopsie entnommenen Material kann ein kleiner Teil abgezweigt und für die Isolation der fetalen  DNA verwendet werden. Allerdings sollte darauf geachtet werden, nicht zu wenig Material zu entnehmen. Zwar kann aus nur 2 ml Fruchtwasser (bei mind. SSW16)  oder wenigen Milligramm Zottenmaterial eine ArrayCGH-Untersuchung erfolgreich durchgeführt werden. Die Qualität des Ergebnisses und daher die Sicherheit bei der Auswertung steigt aber, wenn mehr Einsatzmaterial zur Verfügung steht. Besonders vorteilhaft ist der Einsatz kultivierter Zellen, wobei das Ergebnis allerdings erst entsprechend später vorliegt.

Das bedeutet, daß bei unkultiviertem Material eine Ergebnismitteilung normalerweise etwa 7 Tage nach Probeneingang erfolgt (gegenüber etwa 14 Tagen bei Zellkultur)

Die Dauer der Array-CGH-Analyse liegt bei der direkten Verwendung unkultivierter fetaler Zellen also zwischen der des pränatalen Schnelltests und der normalen Chromosomenanalyse.

Wenn überprüft werden muss, ob eine mit der Array-CGH gefundene chromosomale Veränderung des Fetus von einem Elternteil geerbt oder neu („de novo“) erworben wurde, benötigen wir 3-5ml EDTA-Blut der biologischen Eltern.

Was kostet eine pränatale Array-CGH-Untersuchung?

Die Array-CGH ist eine kostenintensive Technik, weil komplizierte Geräte und teure Materialien benötigt werden. Wie der pränatale Schnelltest ist auch die pränatale Array-CGH keine reguläre Kassenleistung. In Einzelfällen werden vor allem private Krankenkassen auf Antrag Kostenübernahmeerklärungen abgeben. Allerdings muss im pränatalen Bereich eine entsprechend schnelle Antragsbearbeitung vorausgesetzt werden. Im Regelfall werden daher die Kosten der Untersuchung von den angehenden Eltern privat übernommen. Bitte sprechen Sie uns bei Interesse wegen der aktuellen Kosten an. Eine Formular für die Kostenübernahme-Erklärung ist bei uns auf Anfrage erhältlich. Diese muss uns ebenso wie die Einverständniserklärung vor dem Start der Untersuchung vorliegen.

Wie erfolgen Anforderung und Befundmitteilung bei einer pränatalen Array-CGH-Untersuchung ?

Auf Grund des hohen, sehr speziellen Beratungsbedarfs bei der Überlegung, ob eine pränatale Array-CGH durchgeführt werden soll, ist eine Überweisung (normalerweise durch den behandelnden Gynäkologen) der angehenden Eltern zur humangenetische Beratung vor der Anforderung einer solchen Untersuchung sehr zu empfehlen. Dabei werden auch Inhalt und Bedeutung der notwendigen Einverständniserklärung (ist bei uns auf Anfrage erhältlich) ausführlich erläutert.  Wenn eine unterschriebene Einverständniserklärung mit Kostenübernahmeerklärung vorliegt, kann das Probenmaterial direkt nach der Entnahme mit einem entsprechenden Anforderungsschein an unser Labor geschickt werden. Der überweisende Arzt erhält die Ergebnismitteilung in Form eines ausführlichen Befundbriefes.  Bei einem positivem Ergebnis sollte auch die Befundmitteilung unbedingt im Rahmen einer humangenetischen Beratung erfolgen.

Wo liegen die Grenzen der pränatalen Array-CGH?
  • Zugewinne oder Verluste von genetischem Material können nur in den von GenoScan44k abgedeckten Bereichen des Genoms und nur in der von GenoScan44k bereitgestellten Auflösung erkannt werden. Die tatsächliche Auflösung des Arrays ist auch abhängig von der Qualität des jeweiligen Untersuchungsergebnisses. Diese wiederum schwankt mit der Qualität und Menge der eingesetzten DNA.
  • Strukturelle Veränderungen im Genom, die nicht mit Zugewinn oder Verlust von genetischem Material einhergehen (wie balancierte Translokationen oder Inversionen), können nicht erkannt werden.
  • Niedriggradige Mosaikzuständen können je nach Qualität des Ergebnisses gegebenenfalls nicht erkannt werden.
  • Eine Vervielfältigung des kompletten Chromosomensatzes (vor allem Triploidie) kann je nach Konstellation der Geschlechtschromosomen ggf. nicht erkannt werden.
  • Es ist möglich, dass mit dem GenoScan44k, auch bei fokussiertem Design, Veränderungen entdeckt werden, deren Auswirkungen auf den Fetus schwierig vorherzusagen sind. Ein Teil dieser Veränderungen, sogenannte CNVs, sind in Datenbanken hinterlegt als harmlose Varianten, die auch bei gesunden Kontrollpersonen gefunden werden. Bei Veränderungen, die nicht in diesen ständig wachsenden Datenbanken auftauchen und auch nicht bekannten Syndromen zugeordnet werden können, muß am Erbmaterial der gesunden Eltern getestet werden,  ob bei einem der Elternteile dieselbe Veränderung vorliegt. Das würde stark die Wahrscheinlichkeit erhöhen, daß es sich um eine  harmlose Variation handelt. Dennoch kann es in seltenen Fällen vorkommen, daß eine klare Aussage zur Bedeutung einer gefundenen genetischen Veränderung nicht möglich ist, weil bisher keine vergleichbaren Fälle beschrieben wurden.
Literatur:
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Van den Veyver et al.: „Clinical use of array comparative genomic hybridization (aCGH) for prenatal diagnosis in 300 cases.“ Prenat Diagn. 2008 Nov 14

GenoScan44k

Einverständnis_Kostenübernahme_aCGH